Bereits seit einigen Wochen ist er im Einsatz für die Tigers zu sehen, streut immer wieder Punkte ein und gibt seinen Teamkollegen Zeit zum Durchatmen. Genauso ruhig wie er sich unter die Tigers pirschte, genauso ruhig und fokussiert ist Kevin Blaser auch neben dem Feld. Als großes Schweizer Talent mischte er als jüngster Spieler in der Nationalliga seines Heimatlandes mit, ehe Verletzungspech und die Covid-Maßnahmen seine Träume in die harte Realität zurückholten. Doch wie bei Allem kommen nach den Tiefen des Lebens, die Höhen wieder. So brachte ihn diese Zeit zu den Tigers, was sich für beide Seiten als glückliche Konstellation herausstellte.

Geboren in Bern, aufgewachsen in Emmertal – “Ja, wie der Käse”, wie der Forward anfügt – und mit 13 aus dem Elternhaus. Wofür lässt sich leicht erahnen, wenn man ihn in der Halle nach Spielschluss sieht. Denn der Basketballsport ist sein Leben und so ging Kevin Blaser für eben diesen in die Staaten. “Von 2013 bis 2017 ging ich auf eine High-School und besuchte die IMG Academy, die größte Sportschule der Welt. Ich war mit vielen anderen internationalen Spielern in einem Sportinternat. Es war wie ein Traum dort zu sein. Das Wetter war auf jeden Fall viel besser als hier und wenn ich älter bin soll es wieder in ein warmes Land gehen.”, blickt Blaser heute zurück und erläutert weiter, “Ich habe meine Familie sehr vermisst, vor allem meine Zwillingsschwester, weil wir vorher nie getrennt waren. Ich musste lernen schnell erwachsen zu werden, um gute Entscheidungen für mich selber zu treffen.”

Schnell erwachsen werden musste der 1.98 m große Spieler auch in den folgenden Jahren. Nachdem er in sein Heimatland zurückkehrte und von 2017 bis 2019 Nationalligisten BBC Monthey als jüngster Spieler der Liga zu sehen war, schien ihn das Pech zu verfolgen. Es folgte nach dem Wechsel zu den Starwings Basket Regio Basel eine Handgelenksverletzung während des Trainings. Die notwendige Operation wurde nicht sauber ausgeführt, es folgte mit einer Entzündung die Zweite. Für ihn ein Rückschlag, wie der Forward erläutert: “Ich konnte durch die Operationen nicht mehr ohne Schmerzen werfen, dabei war das meine größte Stärke und ist es noch immer.” Mit der Pandemie kam eine weitere unfreiwillige Pause. Doch jede harte Zeit ist ebenso eine Chance, jedenfalls möchte der Schweizer positiv aus dieser Phase herausgehen: “Nach meiner Heilung kam dann die Situation mit Corona. Ich habe viel aus der Zeit gelernt und an anderen Sachen gearbeitet.”

Nach all den Herausforderungen steht der Schweizer, der aufgrund seiner Jahre in den USA gerne auf Englisch schwenkt, nun auf dem Ascherslebener Parkett. Vor allem die Trainingsbedingungen zogen ihn nach Sachsen-Anhalt, denn er will zurück auf sein altes Niveau: “Aschersleben gefällt mir sehr, es ist eine kleine Stadt. Genauso wie die Städte in der Schweiz. Ich habe mich dank des Teams und des Coaches schnell einleben können.” Mit seiner ruhigen und sympathischen Art ist es kaum verwunderlich, dass Blaser sich schnell einfügte und nun nicht mehr aus dem Tigerkäfig wegzudenken ist.

Denn nicht nur der junge Schweizer wollte zurück auf die sportliche Erfolgsspur finden, gleichsam brauchten die Ascherslebener Unterstützung. Denn mit den beruflichen Verpflichtungen von Davor Barovic ist dessen Einsatz nicht vollends planbar, ein großer Spieler wurde daher dringend benötigt. Diese glückliche Fügung, die beide Seiten zusammenbrachte, unterstreicht auch Tigers-Trainer Thorsten Weinhold: “Positionell sollte er eigentlich Davor ersetzen, was leider nicht Eins-zu-Eins umzusetzen war. Aber es ist für uns und ihn eine sogenannte Win-Win-Situation. Nicht nur dass er ein netter und umgänglicher Kerl ist, er verfügt auch über eine große Sprungstärke. Er ist bereit mit seiner guten Physis unter dem Korb zu arbeiten und entlastet so das Team. Kevin kann sich nach der Verletzung wieder in Form bringen und präsentieren, was eine glückliche Konstellation für uns ist.”

Vor den Rückschlägen war das große Ziel, in der NBA zu spielen. So ganz abschreiben möchte Blaser es nicht, ist aber auch realistisch wenn es um die weiteren Schritte geht: “Meine Eltern haben immer gesagt – Reach for the moon, even if you fall short you’ll land among the stars. Von daher möchte ich mit den Besten mitspielen. Aber ich bin jemand, der einfach Step-by-Step geht und kontrolliert, was er kontrollieren kann. Mal sehen wie weit ich damit komme.” So ist es Kevin Blaser nur zu wünschen, dass die kleinen Schritte, die in Aschersleben ihren Anfang nehmen, ihn möglichst zurück in den Profibasketball führen werden. Mit seinem Arbeitseifer und seiner positiven Art dürfte es ihm nicht schwerfallen, die Voraussetzungen dafür zu legen. Zwar ist der nächste Schritt erstmal nur das kommende 3. Playoffs-Spiel gegen den VfL Stade, was erst einmal gewonnen werden will, doch jede Entwicklung braucht kleine Anfänge. Und für einen Schweizer dürfte es sowieso keine Schwierigkeit sein, die notwendigen Schritte zu gehen um große Berge neu zu erklimmen.